Thomas Schweizer Freitag, 28. März 2025 von Thomas Schweizer

Virginian EL-1A - Baufortschritt März

Vor dem Endspurt kommt noch ein fünftes Projekt hinzu.

Der Bau einer Lok ist immer ein Abenteuer. Wenn nur Photos vorliegen und ein grober Seitenriss, dauert es Monate, bis die ersten Zeichnungen fertig sind und man endlich in die Werkstatt kann. Glücklich ist, wer auf einen vollständigen Satz von Originalzeichnungen zugreifen kann. Mir passiert mit der EL-1A der Virginian Railway (VGN) meiner ersten Lok nach Originalplänen. Die EL-1A ist eine etwas grössere und schwerere Version der E75 der DRG. Ich bin im Archiv der Konkurrenz der VGN, bei der Norfolk & Western Historical Society (NWHS.org), auf ein wunderbares Archiv mit Plänen und Photos gestossen. Warum eigentlich Amerika? Hat Europa nicht genug zu bieten? Nun, man sucht ja gerne nach Vorbildern, die nicht jeder zweite Spureinser nachbaut. Und die amerikanischen E-Loks der zweiten Generation (ca. 1920-1960) haben schon ihren eigenen Reiz in Bezug auf Grösse und den kruden kantigen Kästen (Übername box cabs oder squareheads). Und sie teilen die traurige Gemeinsamkeit, dass sie fast alle verschrottet sind, inklusive der elektrischen Anlagen, unter denen sie einst fuhren. Es haben nicht mehr als eine Handvoll als Freiluftobjekte oder in Museen überlebt.

Warum nun gerade die EL-1A? Ich habe vor vielen Jahren mal ein YouTube Video gesehen, mit einer EL-3A (3 permanent gekuppelte E75) vor einem schweren Zug. Wirklich eindrücklich! Der glückliche Fund des NWHS-Archivs hat dann den Bau eines 1:32-Modells der EL-3A getriggert. Wobei – nachdem ich den ersten Rahmen gefräst hatte, war mir schnell klar, dass ich das nicht dreimal machen wollte. Deshalb ist es dann nur 1/3 EL-3A, also eine EL-1A geworden. Beim Studium der Pläne, in Fuss und Zoll, ist mir der fundamentale Unterschied zwischen amerikanischen und europäischen Lokrahmenbauweise erst bewusst geworden: Erstere bestehen aus zusammengebolzten schweren Gussteilen, während letztere aus vergleichsweisen filigranen zusammengenieteten Blechen und Winkeln bestehen. Gussteile nachzubauen, ist eine formidable Herausforderung. Es gibt zwar heute die Möglichkeit, ab CAD-File Teile in Wachs zu 3D-drucken und dann in Metall zu giessen, aber das funktioniert natürlich nicht für einen ganzen Lok-Rahmen. Ich habe deshalb das riesige Gussstück des Lokrahmens der EL-1A virtuell in 7 Teile zerlegt, sodass ich diese aus Messing-Platten und -Blöcken aus dem Vollen fräsen konnte. Das grösste Teil war dabei der Innenrahmen, welcher die Seitenwangen auf Abstand hält. Er enthält unzählige Aussparungen (um Giessvolumen zu sparen), die von verschiedenen Seiten bearbeitet werden müssen. Je mehr ich vom ursprünglichen Block weggefräst habe, umso schwieriger war es, den Rest noch vernünftig zu spannen. Heikel sind die Gewinde für die Montage. Die haben bei der ersten Montage der Seitenwangen nicht richtig gestimmt, weil ich den Innenrahmen umspannen musste. Ich habe dann herausgefunden, dass sich der Nullpunkt verschiebt, wenn die Pinole an meiner Bohrfräsmaschine ausgefahren und geklemmt ist (zum Fräsen) oder eben nicht (zum Bohren). An den Innenrahmen schliesst sich die Halterung für den Getriebemotor an, danach folgt die Kupplungshalterung, welche zur Belastung der Laufachse und zur Aufnahme der Zentralkupplung dient. Ebenfalls an die Kupplungshalterung schliesst sich eine uramerikanische Vorrichtung an: Die Pole Shunting Extension, d.h. eine Verlängerung mit einer kugelförmigen Tasche, um mit einem Holzbalken auf dem Nachbargleis einen Zug rangieren zu können! Um die Zentralkupplung zu zentrieren, sitzt am äusseren Ende des Rahmens die Coupler Centering Device. Weil man sie prominent sieht, muss sie schön aussehen. Sie ist aber so kompliziert, dass ich deshalb von der Giesserei Brogioli in Schaffhausen die Möglichkeit des Wachs-3D-Drucks für das Urmodell genutzt habe. Das hat zwar gut funktioniert, aber das Teil war zu gross, sodass ich es zersägen und neu zusammenlöten musste. Ich habe die Coupler Centering Device mit den CAD-Programm Fusion360 nach dem Originalplan (VG-904C) nachgezeichnet.

Beim Fräsen der Seitenwangen haben sich die vom Walzen im Halbzeug eingefrorenen Spannungen als Problem erwiesen. Nach dem Ausfräsen der Achslagerführungen waren die Wangen krumm… Ich habe dann (bei Abwesenheit meiner Frau) alle folgenden Wangen im Backofen bei 270°C eine Stunde lang getempert. Das hat geholfen!